Mehr als Financial Engineering: So schaffen PE-Fonds Wert

Tim Brückner

Tim Brückner

Zuletzt aktualisiert: 20.05.22

Private Equity (PE) ist dafür bekannt, sich aktiv in seine Portfoliounternehmen einzubringen. In vier Phasen arbeiten Fondsmanager daran, den Wert ihrer Beteiligungen zu steigern und das bestmögliche Ergebnis für ihre Investoren zu erzielen.

Private-Equity-Manager haben diverse Stellschrauben, um die Wertentwicklung ihrer Portfoliounternehmen zu beeinflussen – bereits vor dem Kauf, nach dem Erwerb und auch beim Verkauf. So ist die Überrendite, die Private-Equity-Investitionen gegenüber dem Aktienmarkt erreichen, kein Zufall: Die Beteiligungsgesellschaften erwerben meist Mehrheitsanteile an den Unternehmen und können so aktiv ihre Investmentthese umsetzen. Aktionären an öffentlich gehandelten Unternehmen bietet sich die Möglichkeit, derart aktiv Einfluss zu nehmen, nicht.

Warum das wichtig ist: Im Unterschied zu Aktien- oder Anleihenfonds generieren Private-Equity-Fonds selbst Mehrwert in den Firmen, in denen sie investiert sind. Denn Private Equity ist mehr als eine Investition. Es ist eine unternehmerische Partnerschaft auf Zeit. Das sorgt für eine Vielzahl struktureller Vorteile bei der Wertentwicklung – in jedem Schritt des Investitionszyklus.

Phase 1: Due Diligence und Investmentthese

Bevor Private-Equity-Gesellschaften in ein Unternehmen investieren, prüfen sie dieses in einem detaillierten Due-Diligence-Prozess. Sie analysieren sowohl die finanziellen Strukturen und Vermögenswerte als auch die Personalsituation und den ökologischen Fußabdruck.

Dabei erhalten Private-Equity-Gesellschaften Zugriff auf weitaus mehr Informationen als Investoren am Aktienmarkt. Dies ist auch nötig, denn sie wollen nicht nur einen kleinen Anteil am Unternehmen kaufen, sondern es mehrheitlich übernehmen. So bekommen sie tiefen Einblick in wirtschaftliche, rechtliche, finanzielle, steuerliche und technische Aspekte, die ihnen dabei helfen, eine deutlich fundiertere Investitionsentscheidung zu treffen, als dies über öffentlich einsehbare Informationen bei einem börsennotierten Unternehmen der Fall wäre.

PE-Manager identifizieren außerdem Kunden, Zulieferer und Wettbewerber der Firma und erarbeiten strategische und operative Potenziale. Anhand dieser Erkenntnisse entsteht die Investmentthese: Darin definieren Beteiligungsgesellschaften, welche Maßnahmen sie umsetzen werden, um eine Wertsteigerung zu erreichen. Hierzu zählen beispielsweise strategische Zukäufe, geografische Expansion, oder auch eine Rückkehr zum Kerngeschäft.

 

Phase 2: Investition

Ist ein geeignetes Zielunternehmen für die Investition gefunden, strukturieren PE-Gesellschaften die Transaktion. Durch den Einsatz von Fremdkapital entsteht bereits zum Zeitpunkt der Investition ein Hebeleffekt auf die Rendite der Investoren:Leverage_ChartDer Leverage-Effekt, also die Erhöhung der Eigenkapitalrendite durch den Einsatz von Fremdkapital, trägt heute etwa zehn bis 15 Prozent zu der Wertschöpfung bei.

 

Phase 3: Wertsteigerung

Branchen-Expertise

Die großen Private-Equity-Gesellschaften agieren meist in sektorspezifischen Teams. Hier arbeiten ehemalige Führungspersonen, Gründer und Unternehmensberater, die umfangreiche Erfahrungen in der Branche gesammelt haben und so tiefgehende Kenntnisse und breite Netzwerke besitzen, um Portfoliounternehmen operativ und strategisch weiterzuentwickeln.

Diese sogenannten Operating Partner arbeiten eng mit dem Management des Portfoliounternehmens zusammen: Sie nehmen Plätze im Aufsichtsrat ein, beraten und kontrollieren Fortschritte in regelmäßigen Sitzungen. Darüber hinaus sind die Vorstände von Private-Equity-Unternehmen häufig kleiner als in Börsenkonzernen, was schnellere Beschlüsse ermöglicht und geringere Reibungen bei der Umsetzung von Optimierungsmaßnahmen verursacht.

 

Finanzielle Expertise

Private-Equity-Fonds unterstützen ihre Portfoliounternehmen außerdem durch finanzielle Expertise: Sie helfen ihnen beim Zugang zu Krediten, bei Unternehmensübernahmen (M&A) und dabei, Kapital möglichst effizient einzusetzen. Die Unterstützung bei der Strukturierung komplexer Transaktionen verschafft Portfoliounternehmen einen finanziellen und strategischen Vorteil gegenüber ihren Wettbewerbern.

 

Anreizstrukturen und Personalentscheidungen

Um die Leistungsbereitschaft und die Motivation des Managements zu erhöhen, werden Anreizstrukturen angepasst: Eine Möglichkeit besteht in der gezielten Beteiligung der Führungskräfte am Unternehmen durch direkte Anteile oder Optionen. So profitiert auch das Management von einer langfristigen Wertsteigerung.

In bestimmten Fällen kann es aber auch von Vorteil sein, nach einer Übernahme eines Unternehmens durch einen PE-Fonds Führungspositionen neu zu besetzen. Ein Beispiel dafür ist Lonza, ein Schweizer Biotechnologie-Unternehmen.

Im Juli 2021 verkaufte es seine Specialty Ingredients Geschäftssparte (LSI) an ein Joint-Venture aus den Private-Equity-Gesellschaften Cinven und Bain Capital für 4,2 Milliarden US-Dollar. Die Strategie des Joint-Ventures besteht unter anderem darin, den Marktanteil von Arxada (ehemalige LSI) durch Zukäufe und Fusionen zu stärken.

Cinven und Bain Capital gelang es hierfür, Marc Doyle, den ehemaligen CEO von DuPont, einem der größten Agrochemie/Biotechnologie-Unternehmen weltweit, als neuen Geschäftsführer anzuwerben. Doyle verantwortete bei DuPont die Fusion mit Dow Chemical und die anschließende Aufspaltung in drei verschiedene börsennotierte Unternehmen.

Arxada profitiert nun von seiner umfangreichen Erfahrung bei Unternehmensübernahmen (M&A) in der Chemieindustrie: Seit der Übernahme durch Cinven und Bain Capital wurden bereits zwei strategische Zukäufe getätigt.

 

Buy-and-Build-Deals

Das Beispiel von Cinven und Bain Capital verdeutlicht neben den Vorteilen einer Management-Aufwertung auch eine der prominentesten Wertschöpfungsstrategien im Private-Equity-Bereich: Das sogenannte Buy and Build. Fusionen und Übernahmen sind, laut einer Studie der Boston Consulting Group, der gängigste Ansatz zur Verbesserung der Bewertung von Portfoliounternehmen.

Bei der Buy-and-Build-Strategie wird ein Portfoliounternehmen als Plattform genutzt, um anschließend weitere strategische Zukäufe zu tätigen. So können Skaleneffekte und Synergien zwischen den Unternehmen genutzt werden, was sich beispielsweise positiv auf Stückkosten und Marge auswirkt. Außerdem vergrößern sich der Marktanteil und das Produktportfolio.

Unternehmen mit einem nominal höheren EBITDA (earnings before interest, taxes, depreciation and amortization) werden zudem mit einem höheren EBITDA-Multiple bewertet. Der EBITDA-Multiplikator ist eine finanzielle Kennzahl, die den Unternehmenswert mit dem jährlichen EBITDA vergleicht. Dieser Multiplikator wird verwendet, um den Wert eines Unternehmens zu bestimmen und ihn mit dem Wert anderer, ähnlicher Unternehmen zu vergleichen.

In den vergangenen Jahren lagen EBITDA-Multiples bei Transaktionsvolumina von unter 25 Millionen US-Dollar bei lediglich 5,6. Für Übernahmen zwischen 500 Millionen und 1 Milliarde US-Dollar dagegen lagen sie bei 10,5 und für Unternehmenskäufe über 1 Milliarde US-Dollar sogar bei einem 11,2-fachen EBITDA.

Warum das wichtig ist: Durch Übernahmen können PE-Fonds leistungsfähige neue Unternehmen aufbauen, die als Ganzes deutlich mehr wert sind als ihre Einzelteile.

 

Phase 4: Verkauf

Dank ihrer langfristigen Perspektive können Private-Equity-Fonds den besten Zeitpunkt und Kanal für den Verkauf ihrer Portfoliounternehmen weitgehend flexibel bestimmen. Sie können Unternehmen auch nach der Laufzeit weiterführen, können sie verschmelzen oder abwarten, bis Bewertungen im jeweiligen Sektor besonders hoch sind.

Der sogenannte Exit kann dann je nach Situation über einen Börsengang (auch Initial Public Offering oder IPO genannt), einen strategischen Verkauf an einen Konzern oder einen Ankauf durch einen anderen Private-Equity-Fonds erfolgen.

Was das im Ergebnis bedeutet: Alle Hebel zur Wertsteigerung bei Private Equity haben letztlich zum Ziel, Anlegern einen besonders rentablen Ausstieg aus ihrer Investition zu ermöglichen. Ob ein Private-Equity-Fonds überdurchschnittlichen Erfolg hat, hängt dabei maßgeblich von der Expertise der PE-Gesellschaft ab. Das erklärt, warum eine relativ kleine Anzahl von PE-Managern es über mehrere Fondsgenerationen immer wieder schafft, Erfolge gezielt zu realisieren und so zu den Top-Performern zu zählen. 

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