Wie erkenne ich nachhaltige Anlageprodukte?

Henning Ohlsen

Henning Ohlsen

Zuletzt aktualisiert: 12.08.22

Ökologisch und sozial vorbildlich oder Etikettenschwindel? Viele Anleger würden ihr Geld gerne nachhaltig investieren, wissen aber nicht, wie sie seriöse Anbieter und Produkte identifizieren können. Ein kleiner Ratgeber.

„Hauptsache billig“. Für viele Verbraucher gilt diese Losung längst nicht mehr. Sie kaufen ihre Lebensmittel nur im Bio-Laden, auch wenn es dort etwas teurer ist als im normalen Supermarkt.

Analog dazu gilt für viele Anleger auch nicht mehr das Motto: „Hauptsache die Rendite stimmt“. Denn sie wollen ihr Geld nicht nur vermehren, sondern auch Positives damit bewirken. Idealerweise dazu beitragen, den Klimawandel zu stoppen oder die Weltmeere zu schützen.

Die gute Nachricht: Das geht – und im Gegensatz zum Verbraucher im Bio-Supermarkt – sogar ohne finanzielle Einbußen. Denn wer heute sein Geld in nachhaltige Anlageprodukte investiert, muss im Vergleich zu herkömmlichen Geldanlagen nicht auf Rendite verzichten.

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Warum nachhaltige Anlageprodukte höhere Renditen erwirtschaften können

Unter Umständen können Anleger mit nachhaltigen Investments sogar noch etwas höhere Erträge erwirtschaften als mit Produkten, die keine nachhaltigen Kriterien beachten. Denn Unternehmen, die auf ethische, ökologische oder soziale Kriterien Wert legen, sind häufig besonders innovativ. Deshalb sind sie oft sogar besser aufgestellt als ihre Wettbewerber.

Einer Studie der Ratingagentur Scope zufolge erzielten nachhaltige Aktienfonds über einen Fünf-Jahres-Zeitraum eine um einen Prozent­punkt höhere Ren­dite als herkömmliche Aktienfonds. Hinzu kommt: Die nachhaltigen Fonds schwanken weniger stark im Kurs.

Nachhaltigkeit bedeutet auch, sozial verantwortlich zu handeln und Rücksicht auf die Belange der Menschen zu nehmen.

Dies kann unter anderem daran liegen, dass die meisten nachhaltigen Anlageprodukte aktiv gemanagt werden. Einige von ihnen bilden aber auch nur einen Index nach und gelten somit als passiv. Erfahren Sie hier mehr über die Unterschiede von aktiven und passiven Fonds.

Doch was sind nachhaltige Geldanlagen überhaupt? Eine einheitliche Definition gibt es leider nicht. Deshalb wird der Begriff häufig missbräuchlich verwendet.

Eine hohe Relevanz wird aber immerhin der Definition der Enquête-Kommision Globalisierung und Weltwirtschaft zugebilligt. Sie definiert den Nachhaltigkeitsbegriff folgendermaßen: „Das Konzept der Nachhaltigkeit beschreibt die Nutzung eines regenerierbaren Systems in einer Weise, dass dieses System in seinen wesentlichen Eigenschaften erhalten bleibt und sein Bestand auf natürliche Weise nachwachsen kann.“

 

Was es mit den ESG-Kriterien auf sich hat

Es wäre aber falsch, den Nachhaltigkeitsbegriff nur auf die Umwelt zu beziehen. Er umfasst auch gesell­schaft­liche und wirt­schaft­liche Aspekte. Konkret: Mit Nachhaltigkeit ist der Erhalt der Ressourcen unseres Planeten, sozial verantwortliches Handeln und gute Unternehmensführung mit Rücksicht auf die Belange der Menschen gemeint.

International hat sich für diese Eigenschaften von nachhaltigen Anlageprodukten der Begriff ESG-Kriterien durchgesetzt. ESG steht für die englischen Begriffe Environmental, Social und Government – also: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung.

Nachhaltige Investitionsmöglichkeiten lassen sich mittlerweile in fast allen relevanten liquiden Anlageklassen finden: Ob Aktien, Anleihen, Fonds, Lebensversicherungen oder Rentenversicherungen – in jedem Bereich gibt es heute nachhaltige Angebote.

Das Problem: Die meisten Anleger wissen nicht, woran sie erkennen können, ob eine Geldanlage auch wirklich nachhaltig ist. Falsch wäre es jedenfalls, bei der Produktauswahl einfach nur nach dem Namen zu gehen.

So bekommen börsengehandelte Indexfonds (ETFs) oft Zusätze wie Sustainable oder Sustainabilty (englisch für Nachhaltigkeit). Oder sie werden als SRI-Fonds bezeichnet. Die Abkürzung steht für Socially Responsible Investing, also für sozial verantwortliches Investieren. Auch Bezeichnungen wie Responsible Fonds, Fair Value, ESG, Öko, Ethik oder Climate sind gängig. Doch nicht in allen Fonds ist auch tatsächlich drin, was sie suggerieren.

 

Unterschiedliche Ansätze von nachhaltigen Anlagestrategien

Einem Etikettenschwindel – im Zusammenhang mit nachhaltigen Geldanlagen auch Greenwashing genannt – ist aber kein Anleger hilflos ausgeliefert. Denn es gibt durchaus seriöse Webseiten, die Anleger zuverlässig informieren.

Doch dazu später mehr. Anleger müssen sich zunächst darüber im Klaren sein, dass es unterschiedliche Ansätze gibt, ein nachhaltiges Investment zu definieren. Drei Methoden sind dabei besonders geläufig. Und alle drei haben ihre Berechtigung: Negativkriterien (auch als Ausschlusskriterien bezeichnet), Positivkriterien und der Best-in-Class-Ansatz.

Nachhaltige Anlageprodukte erkennen Investoren nicht automatisch am Namen.

Bei der Negativmethode wird nicht explizit in nachhaltig orientierte Unternehmen oder Staaten investiert. Stattdessen werden aber bestimmte Geschäftsfelder ausgeschlossen, die soziale, ökologische oder ethische Kriterien nicht erfüllen und deshalb aus Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit besonders verwerflich sind. Das sind zum Beispiel Waffenproduzenten, Betreiber von Kohlekraftwerken, Pornografie-Anbieter oder Alkoholhersteller. Ebenso gehören Staaten dazu, die gegen internationale Normen und Standards verstoßen, was Menschenrechte oder Arbeitsbedingungen angeht.

Bei der Positivmethode wird dagegen nur in Geschäftsfelder investiert, die sich ökologisch, sozial und ethisch vorbildlich verhalten. Gemessen wird das an Kriterien wie beispielsweise dem Verzicht auf Kinderarbeit, strengen Recycling-Vorschriften oder einem besonderen Engagement im Bereich der erneuerbaren Energien.

Beim Best-in-Class-Ansatz wiederum wird grundsätzlich in alle Geschäftsfelder investiert, allerdings nur in Unternehmen, die innerhalb ihrer Branchen als vergleichsweise nachhaltig gelten. Begründung für diese Methode: Die Best-in-Class-Unternehmen erfüllen in ihrer Branche eine ökologische, soziale oder ethische Vorreiterrolle. Damit können sie einen positiven Einfluss auf ihre Wettbewerber ausüben. Auch die Anwendung der oben erwähnten ESG-Kriterien eignen sich zur Auswahl von nachhaltigen Anlageprodukten. Denn diese haben sich als eine Art Gütesiegel etabliert.

 

Vertrauenswürdige Webseiten können helfen

Den ESG-Ansatz nutzen auch Indexanbieter wie MSCI oder Analyseunternehmen wie Morningstar. Anhand ihrer Rechercheergebnisse erstellen sie dann sogenannte Nach­haltig­keits-Ratings. Auf der Internet-Seite www.morningstar.de können Anleger überprüfen, wie von ihnen ausgewählte Fonds in dem Nachhaltigkeits-Rating abschneiden. Qualifizierte Empfehlungen zu nachhaltigen Finanzprodukten finden Anleger auch bei Verbraucherschutzorganisationen wie Finanztip (kostenlos) und die Stiftung Warentest  (kostenpflichtig).

Darüber hinaus hat der in der Branche renommierte Verband Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) einen Qualitätsstandard für nachhaltige Geldanlagen im deutschsprachigen Raum eingeführt. Um anerkannt zu werden, müssen Anbieter Waffen und Atomkraft aus ihren Depots ausschließen. Zudem müssen sie gewisse Kriterien hinsichtlich Menschen- und Arbeitsrechte, Umweltschutz und Bekämpfung von Korruption und Bestechung erfüllen.

Das Forum hat zu diesem Zweck das FNG-Siegel entwickelt und zeichnet Anlageprodukt, welche den Kriterien genügen, damit aus. Auf der Internetseite www.fng-siegel.org hat das Forum alle Fonds aufgelistet, die das Siegel erhalten haben. Aktuell sind das gut 100 Fonds. Fondsanbieter haben jedes Jahr die Möglichkeit, sich um das Siegel zu bewerben. Das Siegel erhalten nur Fonds, die einer externen unabhängigen Prüfung standhalten.

 

Auch die EU beschäftigt sich mit dem Thema

Mittlerweile ist das Thema auch auf EU-Ebene angelangt. Im Januar 2020 hat die Europäische Union verbindliche Kriterien erstellt, nach denen Wirtschaftsaktivitäten und damit auch Investments in diese Aktivitäten als nachhaltig bezeichnet werden dürfen. Das in Brüssel als EU-Taxonomie bezeichnete Projekt soll Investoren eine Orientierungshilfe geben und Standards für nachhaltiges Wirtschaften und Anlegen setzen.

Konkret teilt die EU wirtschaftliche Aktivitäten und Anlageprodukte in drei Kategorien ein: „Grün“, „Transition“ oder „Enabling“. Grün bedeutet dabei emissionsarmes oder emissionsfreies Wirtschaften. Transition steht für den Übergang zu einer emissionsärmeren Wirtschaft. Und mit „Enabling“ sind Aktivitäten gemeint, die es anderen Unternehmen ermöglichen, Emissionen deutlich zu senken. Wann genau diese Kriterien verbindlich werden sollen, steht allerdings noch nicht fest.

Bei nicht regulierten Anlagen bestehen erhebliche Risiken.

Vorsichtig sollten Anleger dagegen bei vermeintlich nachhaltigen Anlageprodukten aus dem grauen Kapitalmarkt sein, warnen Verbraucherschützer. Dazu zählen zum Beispiel Direktbeteiligungen oder Nachrangdarlehen. Mit diesen kaum regulierten Produkten sind zwar hohe Gewinne möglich, die Verlustrisiken sind aber beträchtlich. Geht das Investment schief, droht mitunter sogar der Totalverlust.

 

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