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Anleger, aufgepasst: Das kann Sie Market-Timing kosten

Anleger aufgepasst: Das kann Sie Market-Timing kosten

Das Wichtigste in Kürze:

  • In einem unsicheren Marktumfeld verhalten sich Anleger ängstlich. Zu groß ist die Sorge, unmittelbar nach der Investition Kursverluste hinnehmen zu müssen.
  • Dagegen scheint es verlockend, den nächsten Kursrutsch abzuwarten und dann „günstiger" einzusteigen.
  •  Das Problem: Dadurch können entscheidende Handelstage verpasst werden.  
  • Die Entwicklung der Aktienmärkte während der letzten 20 Jahre zeigt: Auf den richtigen Zeitpunkt zu warten, kann zur Folge haben, dass Sie Chancen verpassen.
  • Langfristig zahlt es sich dagegen aus, konstant investiert zu sein!

Letzten Monat haben wir uns in dieser Rubrik mit der Frage befasst, inwieweit uns Fundamentaldaten zu Wirtschaftslage bei der Prognose der Finanzmärkte helfen können. Unser (zugegebenermaßen ernüchterndes) Fazit: Fundamentaldaten mögen widersprüchlich sein, sich häufig ändern und nur begrenzte Prognosen ermöglichen – für die Ableitung von Anlageentscheidungen sind sie dennoch das beste Instrument. 

Die Zu- und Abflüsse in Fonds sprechen dagegen ein anderes Bild. Offenbar können Investoren nach wie vor nicht die Finger vom Market-Timing lassen. Fallen die Kurse, verkaufen sie Aktien oder steigen gänzlich aus dem Markt aus. Steigen die Kurse wieder, greift die „Fear of missing out“ um sich.

Der Wunsch, den Markt "timen" zu können, ist aus Anlegersicht nachvollziehbar. In der Realität sind die Märkte aber kurzfristig meist unberechenbar, sodass dieses Unterfangen nicht einmal den Profis gelingt. Das zwischenzeitliche Ein- und Aussteigen ist daher in der Regel nicht von Erfolg gekrönt. Der Grund: Schon eine Handvoll Handelstage kann für die Performance entscheidend sein! 

 

Abb. 1: Rendite globaler Aktien aus Sicht eines Euro-Anlegers über 20 Jahre 
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Quelle: LIQID, Bloomberg. MSCI ACWI Net Total Return Index, täglich konvertiert in EUR zu Tagesschlusskursen der Bloomberg EURUSD Spot Rate. Zeitraum: 31.12.2002 – 31.12.2022. Wertentwicklung indexiert auf 100. Verpasste Tage wurden durch das Halten von Cash simuliert mit Tagesrenditen von 0 Prozent. Anlagen am Kapitalmarkt unterliegen Schwankungen. Historische Renditen sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Entwicklungen.

 

Um das zu verdeutlichen, haben wir die täglichen Renditen des globalen Aktienindex MSCI All-Country World untersucht. Dafür haben wir zwischen 2003 und 2023 die besten 10, 20, 30 und 40 Handelstage aus über 5220 Handelstagen ausgeschlossen. Das Ergebnis: Bereits mit 10 verpassten Handelstage lag die Gesamtrendite bei 164 Prozent und damit nur noch etwa halb so hoch, wie die des Index über den Gesamtzeitraum (360 Prozent).bestworst20

 

Das Problem: Es ist nahezu unmöglich, die schlechtesten Handelstage zu vermeiden, ohne dabei auch die besten zu verpassen

Warum das „richtige" Ein- und Aussteigen so schwer ist, zeigt die Gegenüberstellung der besten und schlechtesten Handelstage während der letzten 20 Jahre:

  • Der beste Handelstag während der letzten 20 Jahre war der 13. Oktober 2008.
  • Der schlechteste Handelstag während der letzten 20 Jahre war der 16. März 2020.
  • 7 der 20 besten Handelstage lagen im zweiten Halbjahr 2008.
  • 9 der 20 schlechtesten Handelstage lagen im zweiten Halbjahr 2008, also im selben Zeitraum.
  • 4 der 20 besten Handelstage lagen allein im März 2020.
  • 4 der 20 schlechtesten Handelstage lagen allein im März 2020, also ebenfalls im selben Monat.

 

Abb. 2: Die besten und schlechtesten Handelstage der letzten 20 Jahre lagen eng beieinander

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Quelle: LIQID, Bloomberg. MSCI ACWI Net Total Return Index, täglich konvertiert in EUR zu Tagesschlusskursen der Bloomberg EURUSD Spot Rate. Zeitraum: 31.12.2002 – 31.12.2022. Anlagen am Kapitalmarkt unterliegen Schwankungen. Historische Renditen sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Entwicklungen.

 

Die Versuchung, den Markt zu „timen“ ist stets am größten, wenn die Märkte von Unsicherheit bestimmt sind. Ökonomen, Institute und Medien treffen in diesen Phasen Prognosen, die Anleger dann für sich einzuordnen versuchen. Während dieser Perioden schwanken auch die Kurse stark, sodass die besten und schlechtesten Handelstage nah beieinander liegen. Daher fällt der Großteil der Handelstage aus der obigen Auflistung in den Herbst des Jahres 2008 (Weltfinanzkrise), das Frühjahr 2020 (Corona-Crash) und den Sommer 2015 (China-Crash).

 

Abb. 3: Annualisierte Rendite aus Sicht eines Euro-Anlegers über 20 Jahre

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Quelle: LIQID, Bloomberg. MSCI ACWI Net Total Return Index, täglich konvertiert in EUR zu Tagesschlusskursen der Bloomberg EURUSD Spot Rate. Zeitraum: 31.12.2002 – 31.12.2022. Wertentwicklung indexiert auf 100. Verpasste Tage wurden durch das Halten von Cash simuliert mit Tagesrenditen von 0 Prozent. Anlagen am Kapitalmarkt unterliegen Schwankungen. Historische Renditen sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Entwicklungen.

 

Auch die durchschnittliche jährliche Rendite kann sich durch einige wenige verpasste Tage drastisch reduzieren.

  • Langfristige Anleger, die über 20 Jahre diszipliniert geblieben sind, konnten Marktschwankungen aussitzen und sich über eine Rendite von 7,9 Prozent pro Jahr freuen. 
  • Wurden aus 5220 Handelstagen aber nur 10 verpasst, war die annualisierte Rendite über 20 Jahre nur noch bei 5,0 statt wie zuvor bei 7,9 Prozent.

 

Abb. 4: Was aus einem Euro über 20 Jahre wurde


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Quelle: LIQID, Bloomberg. MSCI ACWI Net Total Return Index, täglich konvertiert in EUR zu Tagesschlusskursen der Bloomberg EURUSD Spot Rate. Zeitraum: 31.12.2002 – 31.12.2022. Wertentwicklung indexiert auf 100. Verpasste Tage wurden durch das Halten von Cash simuliert mit Tagesrenditen von 0 Prozent. Anlagen am Kapitalmarkt unterliegen Schwankungen. Historische Renditen sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Entwicklungen.

Für Anleger bedeutet dies konkret, dass aus einem Euro, der 20 Jahre zuvor investiert wurde, durch reines Nichtstun 4,60 Euro wurden.

  • Bei nur 10 verpassten Handelstagen in 20 Jahren wären aus jedem investierten Euro noch 2,64 Euro geworden. 
  • Bei 40 verpassten Handelstagen hätte man sogar Geld verloren! Aus einem investierten Euro wären nach 20 Jahren 97 Cent geworden.

Was heißt das für Anleger?

Der Ausschluss der besten (und schlechtesten) Handelstage ist sicherlich ein Extrembeispiel, zeigt aber sehr anschaulich, wie gefährlich es für Anleger ist, entscheidende Tage am Kapitalmarkt zu verpassen. Langfristig zahlt es sich aus, konstant am Kapitalmarkt investiert zu sein. Versuche des Markttimings können dagegen sehr teuer werden.

Das gilt insbesondere in volatilen Phasen, in denen ein Market-Timing besonders erfolgversprechend erscheint. Wie unsere Gegenüberstellung zeigt, liegen gerade in diesen Monaten Licht und Schatten nah beieinander. Umso wichtiger ist es, die Nerven zu behalten.

Die gute Nachricht für Anleger ist: Die Zeit spielt für Sie. Das zeigt auch der Blick auf die langfristige Wertentwicklung (Abb. 1.). Denn selbst bei einem Einstieg am Tag des Zusammenbruchs der US-Großbank Lehman Brothers im September 2008 hätte ein Investor zum Jahresende 2009, kaum 1,5 Jahre später, keinen Verlust mehr zu beklagen gehabt. 

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Lesedauer: 10 min.


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