Optionsscheine
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Optionsschein ist ein Wertpapier, das dem Inhaber das Recht, aber nicht die Pflicht gibt, einen bestimmten Basiswert (z. B. eine Aktie) zu einem festgelegten Preis innerhalb einer bestimmten Frist zu kaufen (Call) oder zu verkaufen (Put).
 - Durch ihre Hebelwirkung können überproportionale Gewinne, aber auch hohe Verluste erzielt werden.
 - Optionsscheine sind komplexe und risikoreiche Finanzinstrumente, die sich vor allem für erfahrene Anleger eignen, die sie entweder zur Spekulation oder zur Absicherung (Hedging) des eigenen Portfolios einsetzen.
 
Definition
Ein Optionsschein, auch als Warrant bezeichnet, ist ein verbrieftes Recht, einen zugrunde liegenden Basiswert zu vorab definierten Konditionen zu erwerben oder zu veräußern. Im Gegensatz zum direkten Kauf einer Aktie erwirbt der Anleger hier nur die Option auf einen späteren Handel. Dieses Recht kann, muss aber nicht ausgeübt werden.
Die zentralen Merkmale eines Optionsscheins sind:
- Basiswert: Dies ist das Gut, auf das sich der Optionsschein bezieht. Typische Basiswerte sind Aktien, Indizes, Währungen oder Rohstoffe.
 - Basispreis (Strike): Der Preis, zu dem der Basiswert gekauft oder verkauft werden darf.
 - Laufzeit: Der festgelegte Zeitraum, innerhalb dessen das Recht ausgeübt werden kann. Nach Ablauf der Laufzeit verfällt der Optionsschein wertlos, wenn er nicht ausgeübt wurde.
 - Bezugsverhältnis: Es gibt an, wie viele Optionsscheine benötigt werden, um eine Einheit des Basiswerts zu handeln. Ein Bezugsverhältnis von 0,1 bedeutet beispielsweise, dass 10 Optionsscheine zum Kauf einer Aktie berechtigen.
 
Optionsscheine werden von Emittenten, meist Banken, ausgegeben und sind an der Börse handelbar. Ihr Preis richtet sich nach verschiedenen Faktoren, insbesondere nach der Kursentwicklung des Basiswerts und der verbleibenden Laufzeit.
Call- und Put-Optionsscheine: Auf steigende oder fallende Kurse setzen
Die strategische Ausrichtung eines Optionsscheins wird durch seine Art bestimmt. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen zwei Typen, die entgegengesetzte Markterwartungen abbilden.
Call-Optionsschein: Die Wette auf steigende Kurse
Ein Call-Optionsschein verbrieft das Recht, den Basiswert zum festgelegten Basispreis zu kaufen. Anleger erwerben einen Call, wenn sie von einem steigenden Kurs des Basiswerts ausgehen. Liegt der aktuelle Kurs des Basiswerts am Ende der Laufzeit über dem Basispreis, erzielt der Anleger einen Gewinn.
Beispiel: Ein Anleger kauft einen Call-Optionsschein auf die Aktie X mit einem Basispreis von 100 Euro und einer Laufzeit von sechs Monaten. Steigt der Aktienkurs in diesem Zeitraum auf 120 Euro, kann der Anleger sein Recht ausüben und die Aktie für 100 Euro kaufen, obwohl sie am Markt 120 Euro wert ist. Der Gewinn pro Aktie beträgt 20 Euro abzüglich des Preises, der für den Optionsschein bezahlt wurde.
Put-Optionsschein: Die Spekulation auf fallende Kurse
Ein Put-Optionsschein gibt dem Inhaber das Recht, den Basiswert zum festgelegten Basispreis zu verkaufen. Anleger nutzen Puts, wenn sie eine negative Kursentwicklung erwarten. Fällt der Kurs des Basiswerts unter den Basispreis, entsteht ein Gewinn.
Beispiel: Ein Anleger erwirbt einen Put-Optionsschein auf die Aktie Y mit einem Basispreis von 50 Euro. Fällt der Aktienkurs auf 40 Euro, kann der Anleger die Aktie am Markt für 40 Euro erwerben und sie dank des Optionsscheins für 50 Euro an den Emittenten verkaufen. Der Gewinn pro Aktie beläuft sich auf 10 Euro abzüglich der Kosten für den Schein.
Wie wird der Preis eines Optionsscheins bestimmt?
Der Preis eines Optionsscheins ist nicht willkürlich, sondern setzt sich aus zwei Hauptkomponenten zusammen. Das Verständnis dieser beiden Faktoren ist entscheidend, um die Wertentwicklung eines Warrants nachvollziehen zu können.
Innerer Wert: Die direkte Kursdifferenz
Der innere Wert ergibt sich aus der Differenz zwischen dem aktuellen Kurs des Basiswerts und dem Basispreis des Optionsscheins.
Bei einem Call: Innerer Wert = (Aktueller Kurs des Basiswerts - Basispreis) × Bezugsverhältnis.
Ein innerer Wert existiert nur, wenn der Kurs über dem Basispreis liegt.
Bei einem Put: Innerer Wert = (Basispreis - Aktueller Kurs des Basiswerts) × Bezugsverhältnis.
Ein innerer Wert existiert nur, wenn der Kurs unter dem Basispreis liegt.
Liegt ein Optionsschein „im Geld” (englisch: „in the money”), besitzt er einen positiven inneren Wert. Andernfalls ist sein innerer Wert null.
Zeitwert: Die Prämie für die verbleibende Chance
Der Zeitwert ist der Aufschlag, den Anleger für die Chance zahlen, dass der Optionsschein während der restlichen Laufzeit noch einen (höheren) inneren Wert entwickelt. Er ist am höchsten bei Optionsscheinen „am Geld” (Kurs ≈ Basispreis) und mit langer Restlaufzeit. Gegen Ende der Laufzeit nimmt der Zeitwert kontinuierlich ab und ist am Verfallstag null. Dieser Prozess wird als Zeitwertverfall bezeichnet.
Weitere Faktoren, die den Preis beeinflussen, sind die Volatilität (Schwankungsbreite) des Basiswerts, das allgemeine Zinsniveau und eventuelle Dividendenzahlungen bei Aktien.
Chancen und Risiken von Optionsscheinen
Wie bei allen Hebelprodukten stehen bei Optionsscheinen überdurchschnittlichen Gewinnchancen auch erhebliche Verlustrisiken gegenüber. Eine sorgfältige Abwägung ist daher unerlässlich.
Die Chancen: Hebelwirkung und Absicherung
Die größte Chance von Optionsscheinen liegt in ihrer Hebelwirkung. Da der Kapitaleinsatz im Vergleich zum direkten Kauf des Basiswerts gering ist, können prozentual hohe Gewinne erzielt werden. Eine kleine Kursbewegung im Basiswert kann zu einer vervielfachten Bewegung im Preis des Optionsscheins führen. Zudem eignen sich Put-Optionsscheine zur Absicherung (Hedging) eines Portfolios. Besitzt ein Anleger beispielsweise eine größere Aktienposition, kann er mit einem Put auf fallende Kurse setzen, um potenzielle Verluste im Depot auszugleichen.
Die Risiken: Totalverlust und komplexe Preisbildung
Das Hauptrisiko ist der Totalverlust des eingesetzten Kapitals. Entwickelt sich der Basiswert nicht wie erwartet, kann der Optionsschein am Ende der Laufzeit wertlos verfallen. Der Zeitwertverfall wirkt konstant gegen den Anleger: Selbst bei seitwärts tendierenden Kursen verliert der Schein an Wert. Die komplexe Preisbildung, die von Volatilität und Zinsen beeinflusst wird, macht die Wertentwicklung zudem schwer prognostizierbar.
Für wen eignen sich Optionsscheine?
Optionsscheine sind keine Anlageinstrumente für Einsteiger oder sicherheitsorientierte Anleger. Sie richten sich primär an erfahrene und risikobewusste Marktteilnehmer, die die Funktionsweise und die Preisbildungsmechanismen vollständig verstehen. Anleger sollten bereit sein, das Risiko eines Totalverlusts zu tragen.
Der Einsatz ist sinnvoll für zwei Hauptgruppen:
- Spekulanten: Anleger mit einer klaren, kurz- bis mittelfristigen Marktmeinung, die überproportional von Kursbewegungen profitieren möchten.
 - Absicherer (Hedger): Investoren, die bestehende Positionen in ihrem Portfolio gezielt gegen kurzfristige Kursverluste absichern wollen.
 
Was ist der Unterschied zwischen Optionsscheinen und Optionen?
Obwohl die Begriffe oft synonym verwendet werden, gibt es wesentliche Unterschiede zwischen Optionsscheinen (Warrants) und standardisierten Optionen.
Emittent: Optionsscheine werden von Finanzinstituten (Banken) ausgegeben. Optionen hingegen sind standardisierte Termingeschäfte, die direkt an Terminbörsen (wie der Eurex) gehandelt werden, wobei die Börse als Vertragspartner fungiert.
Standardisierung: Optionen sind hochgradig standardisiert bezüglich Basispreis und Laufzeit. Bei Optionsscheinen legt der Emittent die Konditionen individuell fest, was zu einer riesigen Produktvielfalt führt.
Handelbarkeit: Mit Optionen können Anleger sowohl auf der Käufer- als auch auf der Verkäuferseite (als Stillhalter) agieren. Bei Optionsscheinen kann man nur die Käuferposition einnehmen.
Zusammenfassung
Optionsscheine bieten durch ihre Hebelwirkung die Möglichkeit hoher Renditen und können ein nützliches Werkzeug zur Portfolioabsicherung sein. Ihre komplexe Struktur, der stetige Zeitwertverfall und das Risiko des Totalverlusts machen sie jedoch zu einem Instrument, das ausschließlich erfahrenen Anlegern mit hoher Risikotoleranz und einer klaren Anlagestrategie vorbehalten sein sollte. Eine gründliche Auseinandersetzung mit der Funktionsweise ist vor jedem Investment unerlässlich.
