Glossar
03 November 2025
4 Min
Svea Sturm
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Illiquidität

Das Wichtigste in Kürze

  • Illiquidität beschreibt den Zustand, in dem Vermögenswerte nicht schnell in Bargeld umgewandelt werden können, ohne dabei erhebliche Wertverluste in Kauf zu nehmen. 
  • Illiquidität ist nicht mit Insolvenz zu verwechseln. Ein Anleger kann illiquide Vermögenswerte besitzen und dennoch solvent sein, da die langfristigen Werte die Verbindlichkeiten übersteigen.
  • In der Anlagestrategie wird die Übernahme von Illiquidität oft durch eine sogenannte Illiquiditätsprämie belohnt. 

Der Begriff Illiquidität ist ein zentrales Konzept in der Finanzwelt, das sowohl für private Anleger als auch für Unternehmen und die Stabilität ganzer Märkte von Bedeutung ist. Er beschreibt eine Situation, in der es an kurzfristig verfügbaren Mitteln oder an Handelsmöglichkeiten mangelt. Das Verständnis von Illiquidität ist entscheidend, um Anlagestrategien richtig zu bewerten und die damit verbundenen Chancen und Risiken abzuwägen.

Definition

Illiquidität bezeichnet die mangelnde Fähigkeit, einen Vermögenswert zeitnah und ohne nennenswerte Preisabschläge in Bargeld (liquide Mittel) umzuwandeln. Die Bewertung dieses Zustands hängt stark vom Kontext ab und betrifft verschiedene Akteure im Finanzsystem auf unterschiedliche Weise.

Illiquidität bei Anlegern und Unternehmen

Für einen privaten Anleger oder ein Unternehmen bedeutet Illiquidität, dass nicht genügend Barmittel oder schnell veräußerbare Wertpapiere zur Verfügung stehen, um kurzfristige Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Ein Anleger kann beispielsweise ein großes Immobilien- oder Aktienportfolio besitzen, aber illiquide sein, wenn er eine unerwartete Rechnung nicht sofort begleichen kann, weil der Verkauf der Vermögenswerte Zeit in Anspruch nehmen würde.

Illiquidität an den Märkten

Ein Markt gilt als illiquide, wenn dort nur geringe Handelsaktivitäten stattfinden. Dies ist der Fall, wenn es nur wenige Käufer (Nachfrage) oder Verkäufer (Angebot) für einen bestimmten Vermögenswert gibt. In einem solchen Marktumfeld können selbst kleine Verkaufsaufträge zu starken Preisschwankungen führen, da es an Marktteilnehmern fehlt, die den Handel aufnehmen. Beispiele hierfür sind Märkte für seltene Sammlerstücke, bestimmte Unternehmensanleihen oder Aktien von sehr kleinen Unternehmen (Small Caps).

Illiquidität vs. Insolvenz: Ein wichtiger Unterschied

Es ist essenziell, Illiquidität von Insolvenz zu unterscheiden. Während Illiquidität ein vorübergehender Mangel an liquiden Mitteln ist, beschreibt Insolvenz (oder Überschuldung) einen Zustand, in dem die gesamten Verbindlichkeiten eines Unternehmens oder einer Person deren Gesamtvermögen übersteigen.

Ein Investor, der in einen Private-Equity-Fonds investiert hat, ist bezüglich dieses Anteils illiquide, da das Kapital langfristig gebunden ist. Dennoch ist er solvent, solange der Wert seiner gesamten Anlagen seine Schulden übersteigt. Illiquidität ist also ein Zustand der Zahlungsfähigkeit, während Insolvenz die Existenz bedroht.

Die Rolle der Illiquidität in der Anlagestrategie

In einem gut strukturierten Portfolio kann die bewusste Entscheidung für illiquide Anlagen ein strategischer Vorteil sein. Anleger, die nicht auf die kurzfristige Verfügbarkeit ihres gesamten Kapitals angewiesen sind, können von der sogenannten Illiquiditätsprämie profitieren.

Die Illiquiditätsprämie: Höhere Rendite als Ausgleich

Die Illiquiditätsprämie ist die zusätzliche Rendite, die Anleger als Entschädigung dafür erwarten, dass sie ihr Kapital für einen längeren Zeitraum binden und auf eine schnelle Handelbarkeit verzichten. Da weniger Anleger bereit oder in der Lage sind, dieses Risiko einzugehen, entsteht ein Renditeaufschlag gegenüber liquiden Anlagen wie börsengehandelten Aktien oder Anleihen. Diese Prämie ist ein fundamentaler Bestandteil der Renditeerwartung bei Alternativen Investments.

Beispiele für illiquide Anlagen

Zu den typischen illiquiden Anlageklassen, die oft eine Illiquiditätsprämie bieten, gehören:

  • Private Equity und Venture Capital: Unternehmensbeteiligungen, die nicht an der Börse gehandelt werden. Das Kapital ist meist für sieben bis zwölf Jahre gebunden.
  • Private Debt: Kredite, die direkt an Unternehmen vergeben werden, ebenfalls ohne öffentlichen Handelsplatz.
  • Immobilien: Direkte Investitionen in Gebäude oder Grundstücke sind illiquide, da der Kauf- und Verkaufsprozess Monate dauern kann.
  • Infrastruktur: Beteiligungen an Projekten wie Flughäfen, Mautstraßen oder Energienetzen sind auf sehr lange Zeiträume ausgelegt.

Risiken und Nachteile der Illiquidität

Trotz der potenziellen Renditevorteile birgt Illiquidität auch Risiken. Der größte Nachteil ist der fehlende Zugriff auf das investierte Kapital. Ändern sich die persönlichen finanziellen Umstände unerwartet, können illiquide Anlagen nicht zur Deckung des Bedarfs herangezogen werden. Zudem ist die Bewertung illiquider Vermögenswerte oft komplexer und weniger transparent als bei börsennotierten Papieren, da keine täglichen Marktpreise verfügbar sind. Eine sorgfältige Planung und ein ausreichend großer Puffer an liquiden Mitteln sind daher unerlässlich, bevor man in illiquide Anlageklassen investiert.

Zusammenfassung

Illiquidität ist mehr als nur ein Mangel an Bargeld. Für informierte Anleger stellt sie eine bewusste strategische Entscheidung dar, um durch die Inkaufnahme einer eingeschränkten Handelbarkeit potenziell höhere Renditen zu erzielen. Ein klares Verständnis des Unterschieds zur Insolvenz sowie eine sorgfältige Abwägung der eigenen finanziellen Situation sind die Voraussetzung dafür, die Vorteile der Illiquiditätsprämie zu nutzen. In einem breit diversifizierten Portfolio können illiquide Anlagen somit einen wertvollen Beitrag zum langfristigen Vermögensaufbau leisten.

Svea Sturm

Investment Analyst, Investment Product und Marketing, LIQID

Svea ist Investment Analystin in der Schnittstelle zwischen den Investment und Marketing Teams. Sie erstellt Marktanalysen über Kapitalmärkte und Private Markets für interne und externe Kommunikation. Dabei fokussiert sie sich vor allem auf die Erstellung von kundenfokussiertem Content.

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