Welche Risiken hat Private Equity für Anleger?

Welche Risiken birgt Private Equity wirklich? Erfahren Sie alles über Illiquidität, Marktrisiken, das Blind-Pool-Risiko und wie professionelles Management diese steuert.
24 September 2025
10 Min
Sebastian Knüchel
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Das Wichtigste in Kürze:

  • Die größten Risiken bei Private Equity sind Illiquidität, lange Kapitalbindung und die Abhängigkeit vom Fondsmanagement.
  • Weitere Herausforderungen liegen in Marktzyklen, operativen Risiken der Portfoliounternehmen und fehlender Transparenz bei Bewertungen.
  • Professionelle Strategien wie Diversifikation, sorgfältige Managerauswahl und aktives Management helfen, diese Risiken gezielt zu steuern.

Investitionen mit hohen Renditeerwartungen sind üblicherweise auch mit hohen Risiken verbunden. Bei Private Equity trifft dieser Grundsatz nur bedingt zu. Während Privatanleger beim Begriff „Risiko” oft an Schwankungen (Volatilität) und Totalverlust denken, liegen die wahren Herausforderungen dieser Anlageklasse an anderer Stelle. Ein tiefgehendes Verständnis des spezifischen Risikoprofils ist entscheidend für den Anlageerfolg.

Dieser Artikel analysiert die zentralen Risiken von Private Equity für Anleger, von der langen Kapitalbindung bis zur Abhängigkeit vom Fondsmanagement. Gleichzeitig zeigen wir auf, durch welche professionellen Strategien diese Risiken gesteuert und gemindert werden können, um das attraktive Renditepotenzial von Beteiligungskapital zu erschließen.

Die zentralen Risikokategorien bei Private Equity

Das Private-Equity-Risiko unterscheidet sich fundamental von den Risiken an öffentlichen Märkten wie dem Aktienmarkt. Anstelle täglicher Kursschwankungen treten langfristige, strukturelle Faktoren in den Vordergrund. Für Anleger ist es wichtig, diese spezifischen Risikodimensionen zu kennen und zu bewerten.

Welche Risiken bringt die Illiquidität von Private Equity mit sich?

Das wohl bekannteste Merkmal und gleichzeitig eines der größten Risiken von Private Equity ist die Illiquidität. Im Gegensatz zu Aktien oder Anleihen können Anteile an Private-Equity-Fonds nicht einfach an der Börse verkauft werden. Das Kapital der Anleger ist in der Regel für einen Zeitraum von zehn bis zwölf Jahren gebunden.

Während dieser Laufzeit investiert der Fondsmanager das Kapital in Unternehmen, entwickelt diese weiter und veräußert sie anschließend (gewinnbringend). Ein vorzeitiger Ausstieg ist für Anleger nur in Ausnahmefällen und oft nur mit erheblichen Abschlägen möglich. Diese lange Bindungsdauer erfordert eine sorgfältige Planung und sollte nur mit Kapital erfolgen, das langfristig nicht für andere Zwecke benötigt wird.

  • Kapitalbindung: Typischerweise 10+ Jahre
  • Keine/Eingeschränkte Handelbarkeit: Anteile sind nicht börsennotiert und schwer übertragbar.
  • J-Curve-Effekt: In den ersten Jahren ist die Wertentwicklung oft negativ, da Investitionen getätigt und Gebühren gezahlt werden, bevor erste Erträge aus Unternehmensverkäufen realisiert werden. 

Marktrisiken und konjunkturelle Abhängigkeit

Obwohl Private-Equity-Investitionen langfristig ausgerichtet sind, unterliegen sie allgemeinen Marktrisiken. Eine schwache Konjunktur, steigende Zinsen oder eine Krise in einer bestimmten Branche können die Geschäftsentwicklung der Portfoliounternehmen negativ beeinflussen. Dies kann sowohl die operativen Ergebnisse als auch den erzielbaren Verkaufspreis (Exit-Multiple) am Ende der Haltedauer schmälern.

Erfolgreiche Private-Equity-Manager antizipieren diese Zyklen und investieren antizyklisch oder in Sektoren, die weniger konjunkturanfällig sind. Dennoch bleibt ein Restrisiko, das durch externe wirtschaftliche Schocks, politische Unsicherheiten oder regulatorische Änderungen entsteht.

Operationelle und unternehmerische Risiken

Im Kern investiert Private Equity direkt in das unternehmerische Risiko. Der Erfolg einer Investition hängt maßgeblich von der Entwicklung des einzelnen Portfoliounternehmens ab. Fehlentscheidungen des Managements, verpasste technologische Entwicklungen oder ein Scheitern der Geschäftsstrategie können den Wert eines Unternehmens erheblich mindern und im schlimmsten Fall zum Totalverlust des investierten Kapitals für dieses spezifische Investment führen.

Professionelle Fondsmanager minimieren dieses Risiko durch eine intensive Prüfung (Due Diligence) vor dem Kauf und durch aktives Management während der Haltedauer. Aktives Management im Kontext von Private Equity heißt: Sie bringen Branchenexpertise, ein starkes Netzwerk und operative Erfahrung ein, um das Unternehmen strategisch weiterzuentwickeln.

Blind-Pool-Risiko und Manager-Abhängigkeit

Wenn Anleger in einen Private-Equity-Fonds investieren, stehen die konkreten Zielunternehmen oft noch nicht fest. Man investiert in eine Strategie und vertraut auf die Fähigkeiten des Fondsmanagements, die richtigen Investitionsentscheidungen zu treffen. Dieses sogenannte „Blind-Pool-Risiko“ macht die Auswahl des richtigen Managers zur wichtigsten Entscheidung für Anleger.

Die Performance eines Fonds ist untrennbar mit der Expertise, dem Netzwerk und der Erfahrung des Management-Teams verbunden. Ein Wechsel im Schlüsselpersonal oder eine Fehleinschätzung des Marktes durch den Manager kann die Rendite des gesamten Fonds gefährden. Daher ist der Zugang zu etablierten Top-Tier-Fondsmanagern mit nachgewiesener Erfolgsbilanz ein entscheidender Faktor.

Bewertungs- und Transparenzrisiken

Die Bewertung von nicht-börsennotierten Unternehmen ist komplexer als die von Aktien. Es gibt keine täglichen Marktpreise. Stattdessen werden Bewertungen in der Regel quartalsweise auf Basis von Vergleichsunternehmen, finanzmathematischen Modellen oder jüngsten Transaktionen vorgenommen. Diese Bewertungen sind weniger transparent und können subjektiven Einschätzungen unterliegen. 

Welche weiteren spezifischen Risiken hat Private Equity?

Private-Equity-Anleger übernehmen eine unternehmerische Partnerschaft auf Zeit. Prinzipiell sind also alle Risiken, die potenziell den Erfolg von Portfoliounternehmen schmälern, Risiken, denen der Private-Equity-Fondsmanager begegnen muss. Dazu zählen das Acquisition, Small-Cap, Leverage, Execution, Realisation, Key Man und das Commitment Risk.

Acquisition Risk

Wie bei jeder Transaktion wird der Erfolg der Investition eines Private-Equity-Fonds in ein Unternehmen zum Teil durch den Übernahmepreis bestimmt. Denn wer zu viel bezahlt, macht es sich viel schwerer, langfristig hohe Renditen zu erzielen. Erfolgreiche Private-Equity-Manager sind meist in der Lage, Unternehmen für den Kauf zu identifizieren, die mit einem Abschlag gegenüber börsennotierten Unternehmen bewertet werden.

Quelle: Bloomberg, Preqin, Stand: April 2025.

Small-Cap Risk

Private Equity investiert in der Regel in Unternehmen, die kleiner sind als ihre börsennotierten Konkurrenten. Vorteilhaft ist, dass diese ein größeres Wachstumspotenzial und damit tendenziell bessere Renditen bieten. Nachteilig ist, dass sie nicht immer über die gleichen Ressourcen verfügen und nicht immer die gleiche Stabilität wie Großunternehmen bieten.

Leverage Risk

Leverage, also Fremdkapitalfinanzierung, war lange einer der wichtigsten Werthebel für Private-Equity-Fonds. Spätestens seit der Weltfinanzkrise hat dieser Hebel deutlich an Bedeutung verloren. Trotzdem finanzieren Private-Equity-Manager Übernahmen immer noch mit beträchtlichen Fremdmitteln – laut einer Studie von McKinsey aus dem Jahr 2022 in der Regel mit circa 55 Prozent des Übernahmepreises und dem 6,9-fachen des EBITDA eines Unternehmens. Sowohl die Zins- als auch die Tilgungszahlungen für solche externen Schulden müssen vom Portfoliounternehmen gezahlt werden. Geraten die Unternehmen Ertragsseitig unter Druck, kann die Schuldenbelastung zur Herausforderung werden.

Execution Risk

Private-Equity-Fonds sind zunehmend auf operative und strategische Verbesserungen angewiesen, um für ihre Anleger Werte zu schaffen. Wie bei jeder unternehmerischen Tätigkeit birgt auch deren Umsetzung gewisse Risiken.

Realisation Risk

Private-Equity-Investoren sind mit dem langfristigen Risiko konfrontiert, dass sie den Wert ihres investierten Kapitals beim Exit nicht zurückerhalten könnten. Dieses Risiko kann gemindert werden, indem (a) Dividenden und andere Erlöse aus Portfoliounternehmen während der Haltedauer entnommen werden und (b) der optimale Zeitpunkt und die Marktbedingungen für den Verkauf eines Portfoliounternehmens sorgfältig ausgewählt werden. Der Ermessensspielraum, den die Manager bei der Auswahl der besten Bedingungen während der langen formalen Laufzeit eines typischen Fonds haben, ist ein entscheidender Vorteil privater Beteiligungen.

Key-Man-Risk

Private-Equity-Fonds stützen sich oft auf einen kleinen Kern von langjährig etablierten, erfahrenen und gut vernetzten Managern. Wenn einer von ihnen ausscheidet, kann sich das negativ auf einen Fonds auswirken. Aus diesem Grund sind die Boni der einzelnen Manager eng an die Performance eines bestimmten Fonds gebunden und werden nur dann gezahlt, wenn die Anleger ihre Renditen erhalten. Die historische und damit potenziell auch zukünftige Stabilität des Kernmanagementteams eines Fonds ist auch eine Schlüsselkomponente bei der Due-Diligence-Prüfung durch professionelle Investoren.

Commitment Risk

Darunter versteht man das Risiko, dass die Investoren eines Private-Equity-Fonds der rechtlichen Verpflichtung zur Zahlung ihrer Kapitalzusagen nicht nachkommen. Private-Equity-Fonds nehmen die Zusagen ihrer Investoren in der Regel erst im Laufe der Zeit in Anspruch, wenn sie Unternehmen erwerben und ihre Portfolios aufbauen. Reagieren die Anleger nur langsam oder kommen sie ihren Verpflichtungen gar nicht nach, entstehen für den Fonds echte Risiken. Um dieses Risiko zu minimieren, bevorzugen Private-Equity-Fonds die Zusammenarbeit mit langjährigen und vertrauenswürdigen Investoren. Darüber hinaus können sie oft auf Kreditlinien zurückgreifen, um kurzfristige Ausstände zu überbrücken.

Kann man bei Private Equity sein eingesetztes Kapital verlieren?

Das Risiko absoluter Verluste ist bei Private Equity grundsätzlich sehr gering – selbst bei einer Investition in nur einen einzigen Private-Equity-Fonds. Denn jeder Fonds investiert bereits in ein breit diversifiziertes Portfolio von etwa zehn bis 20 unterschiedlichen Beteiligungen. Private-Equity-Dachfonds investieren sogar in hunderte einzelne Beteiligungen.

Warum das relevant ist: Mit einem Private-Equity-Dachfonds, der diversifiziert und systematisch über verschiedene Regionen, Manager und Strategien investiert, lassen sich verbleibende Risiken für Anleger nochmals deutlich reduzieren. Akademische Studien zeigen, dass ein Private-Equity-Dachfonds Risiken von (Teil-)Verlusten um 97 Prozent verringert und dabei die Renditeerwartung im Median verglichen mit einem Einzelfonds nahezu verdoppelt.

Dachfonds haben das Potenzial das Teilverlustrisiko

Kennzahl Fonds Dachfonds
Teilverlustrisiko 30 Prozent 1 Prozent
Durchschnittliche Verlusthöhe bei Ausfall -29 Prozent -4 Prozent
IRR (Mittelwert) 10,8 Prozent 15,3 Prozent
IRR (Median) 8,5 Prozent 14,0 Prozent

Quelle: Weidig, T., Kemmerer, A., & Born, B. (2005): „The risk profile of private equity fund of funds“, in: Journal of Alternative Investments, 7(4), pp. 33–41.

Wie werden Private-Equity-Risiken professionell gemanagt?

Die genannten Risiken sind fester Bestandteil der Anlageklasse, doch sie können durch professionelle Strategien effektiv gesteuert werden. Für Anleger ist es entscheidend, einen Partner zu wählen, der diese Instrumente beherrscht.

Diversifikation über Fonds, Sektoren und Regionen

Das wirksamste Instrument zur Risikominderung ist eine breite Streuung. Anstatt in ein einzelnes Unternehmen oder einen einzelnen Fonds zu investieren, wird das Kapital auf eine Vielzahl von Investments verteilt. Ein professionelles Private-Equity-Portfolio diversifiziert über:

  • Verschiedene Manager: Das „Blind-Pool-Risiko“ wird reduziert, indem in Fonds unterschiedlicher Top-Manager investiert wird.
  • Jahrgänge (Vintage Years): Investitionen über mehrere Jahre hinweg glätten die Auswirkungen von Konjunkturzyklen.
  • Regionen und Sektoren: Eine globale und branchenübergreifende Streuung reduziert die Abhängigkeit von einzelnen Märkten.
  • Strategien: Eine Mischung aus verschiedenen Private-Equity-Strategien (z.B. Buyout, Venture Capital, Growth) optimiert das Risiko-Rendite-Profil. 

Sorgfältige Due Diligence und Manager-Selektion

Der Zugang zu den besten Private-Equity-Managern ist stark limitiert und erfordert ein exzellentes Netzwerk sowie tiefgehendes Fachwissen. Eine institutionelle Due Diligence prüft potenzielle Fondsmanager auf Herz und Nieren. Dabei werden nicht nur die bisherige Performance, sondern auch die Stabilität des Teams, die Stringenz des Investmentprozesses und die operative Expertise analysiert. Nur ein Bruchteil der geprüften Fonds schafft es in ein hochwertiges Portfolio.

Aktives Management und Wertsteigerung

Im Gegensatz zu passiven Aktienanlagen greifen Private-Equity-Manager aktiv in die Entwicklung ihrer Portfoliounternehmen ein. Sie sitzen im Aufsichtsrat, optimieren Prozesse, unterstützen bei der Expansion und treiben Innovationen voran. Diese aktive Wertschöpfung macht die Investments widerstandsfähiger gegenüber reinen Marktschwankungen und ist ein wesentlicher Treiber für die überdurchschnittliche Rendite der Anlageklasse.

Fazit: Eine realistische Einordnung der Risiken

Das Private-Equity-Risiko ist real, aber es ist anders geartet als bei traditionellen Anlagen. Illiquidität, lange Haltedauern und die Abhängigkeit von der Qualität des Managements sind die zentralen Herausforderungen. Anleger, die diese Risiken verstehen und akzeptieren, können von den attraktiven Renditechancen profitieren, die mit der direkten Beteiligung an unternehmerischer Wertschöpfung einhergehen.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt nicht darin, Risiken zu vermeiden, sondern sie intelligent zu managen. Ein breit diversifiziertes Portfolio, das von erfahrenen Experten zusammengestellt und überwacht wird, ist die robusteste Methode, um das spezifische Risikoprofil von Private Equity zu steuern und langfristig überdurchschnittliche Erträge zu erzielen. 

Sebastian Knüchel

Investment Associate, Asset Management, LIQID

Sebastian ist Investment Associate im Asset-Management-Team bei LIQID. Neben seiner Tätigkeit in der Produktentwicklung sowie der internen und externen Kommunikation, verfasst er Artikel rund um das Thema Private Markets.

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