Ausblick aufs zweite Halbjahr: Zwischen Zinsen, Zöllen und Zuversicht

What a ride! So könnte die Kurzzusammenfassung des ersten Halbjahres mit Blick auf die Kapitalmärkte lauten. Trotz solider Konjunkturdaten blieb die Unsicherheit hoch. Der Technologiesektor konnte erneut positive Highlights setzen: Dank des anhaltenden KI-Booms verzeichneten vor allem US-Tech-Aktien im zweiten Quartal starke Kursgewinne. Trotzdem gab es Rückschläge. Insbesondere der aufflammende Handelskonflikt sorgte für temporäre Rückschläge und zeigte, wie dynamisch die Situation bleibt. Wir zeigen, was mit Blick aufs zweite Halbjahr entscheidend sein dürfte.
„In Zeiten wachsender Unsicherheit und schwankender Märkte ist es wichtiger denn je, nicht in kurzfristige Reaktionen zu verfallen, sondern eine langfristige und strategische Denkweise einzunehmen. Wer breit streut und auf ein ausgewogenes Portfolio setzt, schafft die Grundlage, um auch in turbulenten Phasen Stabilität zu bewahren,” sagt Johannes Gamroth, Head of Asset Management bei LIQID.
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Makroökonomie: Spätzyklische Reife trifft geopolitische Risiken
Die Weltwirtschaft bewegt sich in einer fortgeschrittenen Zyklusphase: Der Konsum lässt nach, die Arbeitsmärkte zeigen erste Schwächen, Investitionen nehmen ab. Gleichzeitig richten sich viele Zentralbanken weiterhin restriktiv aus, verzichten also auf Zinssenkungen oder zusätzliche Stimulation. Eine nachhaltige Entspannung ist vorerst nicht in Sicht.
Die geopolitischen Spannungen bremsen ebenfalls die Weltkonjunktur. Insbesondere die aggressive Zollpolitik der US-Administration sorgt für anhaltende Unsicherheit. Kurzfristig wirken die Zölle inflationsfördernd: Für das dritte Quartal wird in den USA ein temporärer Inflationshöhepunkt von rund 3,3 Prozent erwartet.
Zwar sprechen viele Indikatoren für eine moderate Abkühlung der Wirtschaft, doch die Risiken einer deutlich stärkeren Eintrübung der globalen Konjunktur beobachten wir engmaschig.
Vor diesem Hintergrund richtet sich der Fokus verstärkt auf die Geldpolitik: Die US-Notenbank FED hat ihre Zinspolitik bislang unverändert gelassen, obwohl die Märkte zwischenzeitlich mit Zinssenkungen rechneten. In Europa hingegen hat die EZB bereits weitere Leitzinssenkungen vollzogen – ein Zeichen dafür, dass sich die Zentralbanken zunehmend unterschiedlich positionieren.

Anleihenmärkte: Selektion in einem differenzierten Umfeld
Die vorsichtige Politik der US-Notenbank und die Sorgen über die langfristige Stabilität der US-Staatsfinanzen bestimmen das Bild der Anleihenmärkte. Die Herabstufung des AAA-Ratings durch Moody’s verstärkt diese Dynamik zusätzlich. Kurzlaufende US-Staatsanleihen bleiben interessant, während längere Laufzeiten durch den anhaltenden Inflationsdruck und das steigende Haushaltsdefizit unter Druck stehen.
Im Gegensatz dazu präsentieren sich deutsche Bundesanleihen als verlässlicher Stabilitätsanker. Seit der Ankündigung des deutschen Fiskalpakets haben sie spürbar an Attraktivität gewonnen, insbesondere im Laufzeitenbereich zwischen fünf und zehn Jahren.
Aktienmärkte: Chancen jenseits der USA
Hohe Volatilität prägt weiterhin die Aktienmärkte. Während US-Titel als überbewertet gelten, eröffnen sich in Europa selektive Chancen, insbesondere im Segment kleiner und mittelgroßer Unternehmen (Small- und Mid-Caps). Diese sind nicht nur attraktiver bewertet, sondern profitieren auch von einer stärkeren Binnenmarktorientierung und den geplanten fiskalischen Impulsen.

Alternative Anlagen: Stabilität in unsicheren Zeiten
In einem von zunehmender Volatilität geprägten Marktumfeld gilt mehr denn je: Wer langfristig erfolgreich investieren will, sollte auch über die traditionellen Anlageklassen hinaus diversifizieren. Alternative Investments rücken dabei in den Fokus – nicht trotz, sondern gerade wegen der gestiegenen Unsicherheit.
Die zu Jahresbeginn erwartete Belebung im Private-Equity-Sektor lässt auf sich warten. Dennoch bleibt das Segment ein wichtiger Treiber für Renditepotenziale und eine zentrale Säule zur Diversifikation langfristig ausgerichteter Portfolios.
Gold behauptet sich als sicherer Hafen. Die Nachfrage wird gestützt durch geopolitische Spannungen, wachsende Zweifel an der Stabilität von Fiat-Währungen, insbesondere dem US-Dollar, sowie anhaltende Käufe durch Zentralbanken. Der Nahostkonflikt und zunehmende Vertrauensverluste in staatliche Haushalte, etwa in den USA, verleihen dem Edelmetall zusätzlichen Auftrieb.
Zentrale Trends im zweiten Halbjahr: Zwischen Hoffnung und Unsicherheit
Ein herausforderndes zweites Halbjahr steht bevor. Einerseits locken Wachstumschancen, andererseits lauern geopolitische Risiken. Für Anleger stehen dabei diese zentralen Fragen im Fokus: Gelingt es, die Weltwirtschaft wieder auf Kurs zu bringen? Wie entwickelt sich die Geldpolitik unter dem Druck der bestehenden Inflation weiter? Und welche Auswirkungen haben die geopolitischen Spannungen, insbesondere der Handelskonflikt zwischen den USA, China und Europa, auf die Märkte?
Einige dieser Fragen beantworten wir in dem Artikel „Die 10 wichtigsten Anleger-Fragen zum 2. Halbjahr.”
Trotz aller Unsicherheiten bleibt die Konjunkturprognose vorsichtig optimistisch. Unser Partner LGT rechnet für die zweite Jahreshälfte mit einem moderaten globalen Wachstum. In den USA dürfte die wirtschaftliche Dynamik zwar etwas nachlassen, während Europa leicht aufholt. In Asien bleibt China ein zentrales Risiko, sowohl aufgrund wirtschaftlicher Schwächen als auch aufgrund zunehmender politischer Unwägbarkeiten.
Fazit: Vorbereitung auf ein anspruchsvolles Marktumfeld
Das zweite Halbjahr 2025 verspricht anspruchsvoll zu werden. Auch wenn derzeit keine akute Rezession droht, bleiben geopolitische Spannungen, geldpolitische Unsicherheiten und ambitionierte Bewertungen zentrale Herausforderungen. In diesem Umfeld sind eine disziplinierte Risikosteuerung und intelligente, professionelle Diversifikation der Schlüssel zu langfristigem Anlageerfolg.