Die 10 wichtigsten Anleger-Fragen zum 2. Halbjahr

Die 10 wichtigsten Anleger-Fragen zum 2. Halbjahr
Was beschäftigt professionelle Anleger aktuell – und welche Antworten liefert unser Partner LGT? Zehn Fragen, die Orientierung geben, wenn das Umfeld komplexer wird.
26 June 2025
8 Min
LIQID

Zum Start ins zweite Halbjahr haben sich die Investment-Experten unseres Partners LGT, eine führende Privatbank im Besitz des Fürstenhauses von Liechtenstein, haben sich der wichtigsten Fragen ihrer Kunden angenommen. Im Folgenden finden Sie die 10 zentralen Antworten für die kommenden Monate. 

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit einer längeren Phase von Stagflation in den USA?

Das Basisszenario unseres Partners LGT für die US-Wirtschaft geht von einer milden Stagflation im Jahr 2025 aus. Das Team prognostiziert für das vierte Quartal ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,1 Prozent (im Jahresvergleich). Die Inflation erreicht demnach ihren Höhepunkt im dritten Quartal mit 3,3 Prozent im Jahresvergleich. Die LGT-Experten schätzen das Risiko einer längeren stagflationären Phase über 2025 hinaus als moderat ein. 

Abgesehen von den Auswirkungen der Zölle ist die Inflation in den USA auf 2,3 Prozent im Jahresvergleich gesunken, da selbst hartnäckige Dienstleistungen und Mietinflation nachlassen. Gegen Jahresende sollten eine nachlassende Nachfrage und eine Abkühlung des Arbeitsmarktes eine Lohn-Preis-Spirale verhindern.

Wie wirkt sich die zunehmende Staatsverschuldung auf das Wirtschaftswachstum aus? 

Hohe Staatsverschuldung in den USA und im Euroraum belastet das BIP-Wachstum, da: 

  • Kapital, das für produktivere Zwecke genutzt werden könnte, gebunden wird,
  • hohe Zinszahlungen anfallen und 
  • der fiskalische Handlungsspielraum eingeschränkt ist, um die Produktivität zu steigern oder das Wachstum während Rezessionen zu stützen. 

Ein Ende des Ausgabenbedarfs ist nicht in Sicht. Demografische Entwicklungen, Klimaherausforderungen, alternde Infrastruktur und nationale Sicherheitsbelange erfordern weitere Investitionen. Hinsichtlich der Zolleinnahmen schätzt die LGT, dass die US-Regierung jährlich 150 bis 350 Milliarden US-Dollar einnehmen könnte. Die beträchtliche Summe reicht jedoch nicht aus, um das Defizit signifikant zu reduzieren. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des Ausgabengesetzes, das aktuell dem US-Kongress vorliegt.

Wie haben sich Aktienmärkte in der Vergangenheit entwickelt, wenn es zu geopolitischen Krisen wie aktuell im Nahen Osten kam?

Historisch betrachtet reagieren Aktienmärkte auf geopolitische Krisen zunächst mit erhöhter Volatilität und Kursrückgängen. Besonders in den ersten Tagen nach Beginn eines Konflikts sind deutliche Kursschwankungen zu beobachten. 

Das gilt auch im Falle regionaler Konflikte wie aktuell im Nahen Osten. Anleger sorgen sich vor Störungen der globalen Handels- und Energiemärkte, etwa durch Engpässe bei Öl- und Gaslieferungen. Besonders betroffen sind Rohstoffpreise und Währungen; der US-Dollar und Gold profitieren oft als „sichere Häfen.“

Langfristig haben sich Aktienmärkte jedoch meist schnell wieder erholt, sofern die Krise nicht zu einer globalen Wirtschaftskrise eskaliert ist. In der Vergangenheit war dies selten der Fall. Dennoch sollten Anleger die Unsicherheit und das Risiko erhöhter Schwankungen im Portfolio berücksichtigen.

Quelle: LIQID, Bloomberg. Logarithmische Skalierung in USD. MSCI World Net TR Index. Zeitraum seit 1970: 31.12.1969–25.06.2025. Historische Wertentwicklungen sind kein Indikator für die zukünftige Wert­ent­wick­lung.

Ein überstürztes Aussteigen aus dem Aktienmarkt ist meist nicht ratsam, da der richtige Zeitpunkt für den Wiedereinstieg schwer zu bestimmen ist. Diversifikation und eine langfristige Anlagestrategie bleiben die wichtigsten Instrumente, um mit geopolitischen Risiken umzugehen.

Wie viel Potential hat der Dax noch?

Der Dax profitiert von beschlossenen Konjunkturmaßnahmen, die vor allem Infrastruktur- und Verteidigungsausgaben umfassen. Nach einer Performance von mehr als 17,9 Prozent (Stand: 25. Juni 2025) seit Jahresanfang schätzen die Experten der LGT die Bewertung als historisch teuer ein. Hohe Unsicherheiten durch mögliche US-Zölle und der schwache US-Dollar belasten zusätzlich. Die LGT erwartet daher eine Konsolidierung.

Warum ist der Wirtschaftstrend zur Automatisierung für die USA wichtig und welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz (KI) dabei?

Industriestaaten wie die USA stehen vor demografischen Herausforderungen und wollen die Produktion wieder ins eigene Land verlagern. Automatisierung, insbesondere durch KI, spielt dabei eine Schlüsselrolle, da sie höhere Produktionskosten ausgleichen kann. KI gilt als strategisch wichtige Zukunftstechnologie, die die USA im Inland kontrollieren möchten.

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Was sind die wichtigsten Auswirkungen des vorgeschlagenen US-Steuergesetzes für deutsche Anleger?

Teile des vorgeschlagenen US-Steuergesetzes zielen auf US-Tochtergesellschaften in „diskriminierenden ausländischen Ländern” ab. So versuchen die USA Druck auf Staaten ausüben, die Maßnahmen wie Digitalsteuern (DSTs) und die Regelung zu unterbesteuerten Gewinnen (UTPR) anwenden. 

Auch Privatpersonen, die Einkommen aus US-Quellen erzielen, könnten betroffen sein. Die vollständigen Auswirkungen bleiben jedoch auch angesichts geltender Verträge ungewiss. Gegenmaßnahmen betroffener Staaten sind zu diesem Zeitpunkt ebenfalls möglich.

Welche Auswirkungen sind durch die Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit auf die globalen Finanzmärkte zu erwarten?

Die Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit durch die Ratingagentur Moody’s unterstreicht Bedenken hinsichtlich der Stabilität der öffentlichen Finanzen der USA. Kurzfristige Marktreaktionen dürften aufgrund der zentralen Rolle von US-Staatsanleihen begrenzt bleiben. Mittelfristig könnten steigende Zinslasten zu höheren Finanzierungskosten und einer steileren Zinskurve führen. Anhaltend hohe Haushaltsdefizite bergen das Risiko, das Vertrauen in die US-Fiskalpolitik über die Zeit zu untergraben. Das könnte potenziell Kapitalabflüsse in sichere Anlagealternativen auslösen, die nicht auf dem US-Dollar basieren.

Welche Entwicklung erwartet die LGT für den Wechselkurs von Euro und US-Dollar bis Ende 2025? 

Die LGT prognostiziert, dass der Euro bis Ende 2025 auf rund 1,10 US-Dollar fallen wird. Grund für die erwartete Abwertung sind höhere US-Zinsen und die vorsichtige Haltung der Europäischen Zentralbank (EZB). Da die US-Notenbank FED die Zinsen voraussichtlich erst spät im Jahr senken wird, sollte der Renditevorteil des Dollars weiterhin den US-Dollar gegenüber dem Euro unterstützen.

Wie wird die Private-Equity-Perspektive im aktuellen Marktumfeld eingeschätzt? 

Die LGT geht davon aus, dass die Deal-Aktivität 2025 aufgrund unsicherer makroökonomischer Bedingungen und begrenzter Liquidität eingeschränkt bleiben dürfte. Venture-Capital-Bewertungen leiden unter Inflation, hohen Zinsen und geringerem Wachstum. Gewinnprognosen sinken, Investoren sind risikoscheu und Exit-Optionen wie IPOs bleiben rar.

Im Private-Equity-Bereich sind Investitionen in kleinere Unternehmen aus widerstandsfähigen Sektoren sowie Sekundärmarkt-Transaktionen attraktiv. Ein schwieriges Fundraising-Umfeld, ein Rückstau an nicht realisierten Vermögenswerten und Preisabschläge machen den Sekundärmarkt zu einem „Käufermarkt”.

Wie wird sich der Private-Equity-Markt im derzeitigen politischen Umfeld der Zölle entwickeln? 

Der Stiftungsfonds der Universität Harvard und andere institutionelle Investoren nutzen den wachsenden Sekundärmarkt für aktives Portfoliomanagement. Angesichts schwieriger Exit-Bedingungen verkaufen Investoren reife Fondsanteile, um Liquidität für neue Chancen freizusetzen. Dank langfristigem Fokus und Kapitalreserven von über einer Billion US-Dollar („Dry Powder”) können Profi-Investoren auch in volatilen Zeiten gezielt investieren. Aktuell liegt der Fokus auf regionalen Kleinunternehmen und ausgewählten Deals mit langfristigem Renditepotenzial.

Sie möchten den umfassenden Ausblick auf das zweite Halbjahr? Lesen Sie auch unseren Artikel „Zwischen Zinsen, Zöllen und Zuversicht”. 
LIQID

Das LIQID Redaktionsteam

Das LIQID Redaktionsteam besteht aus erfahrenen Anlageexperten, Redakteuren und Analysten, die komplexe Finanzthemen verständlich aufbereiten. Mit einem Fokus auf Vermögensaufbau, Anlagestrategien und Finanzlösungen aus den Private Markets liefert das Team fundierte Inhalte für anspruchsvolle Anleger.