Wann endet der Goldrausch?

Wann endet der Goldrausch?
Gold glänzt wie lange nicht – doch wie lange noch? Warum die Zentralbanken den Preis treiben, welche Risiken jetzt zunehmen und was Anleger für die strategische Portfolioausrichtung wissen sollten.
07 August 2025
7 Min
LIQID
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Das Wichtigste in Kürze:

  • Goldpreis explodierte – getrieben von Zentralbankkäufen & geopolitischen Unruhen: Innerhalb von 20 Jahren stieg der Goldpreis von ca. 360 € auf etwa 2.915 € pro Feinunze, ein Plus von über 720 %. Zentralbanken, einst Netto‑Verkäufer, kauften in den letzten drei Jahren jeweils mehr als 1.000 Tonnen – knapp ein Viertel der globalen Nachfrage.
  • Anziehende Risiken – aber Gegenwind wächst: Der Preisanstieg wird ausgelöst durch geopolitische Krisen, Inflation und „De‑Dollarisierung“. Allerdings könnte die Rally durch sinkende Schmucknachfrage in China & Indien, stabilere Zinsen und mögliche Entspannung in Konflikten gedämpft werden.
  • Gold bleibt Schutz, aber kein Rendite-Booster: Gold bleibt langfristig ein stabiler Portfolio-Baustein – insbesondere als Krisen‑ und Inflationsabsicherung. Smart‑Money‑Anleger halten typischerweise rund 2 % in Gold. Dennoch sind kurzfristige Rücksetzer oder eine Konsolidierung nach der Rally möglich.

„Die absolute Überraschung unter den Investments der letzten 10 bis 20 Jahre war für mich Gold” – das erklärt Jochen Butz, der erfahrene Family Officer und Geschäftsführer von HQ Trust, bei uns im That’s Smart Money Podcast. Damit ist er nicht allein: Viele Experten hatten diese Entwicklung nicht antizipiert. Höchste Zeit, um sich die Frage zu stellen: Wie lange kann der Goldrausch noch anhalten?

Um eine sinnvolle Antwort auf diese Frage zu geben, ist zunächst ein grundsätzliches Verständnis von Gold als Anlageklasse wichtig. Was sind die Charakteristika des Edelmetalls und was zeichnet es als Investment aus? Das und mehr erfahren Sie in diesem Artikel.

725 Prozent in 20 Jahren

Gold, so viel ist klar, ist ein Edelmetall mit begrenztem Vorkommen. Die natürliche Verknappung schafft eine gewisse Wertstabilität. Das macht Gold zum beliebten Baustein in vielen Investment-Portfolios – das gilt auch für die Vermögensverwaltung bei LIQID. Doch wieso hat Gold sich so stark entwickelt? Vor 20 Jahren lag der Preis pro Feinunze Gold bei etwa 360 Euro. Stand heute kostet die Feinunze rund 2.915 Euro – eine prozentuale Zunahme von über 720 Prozent. 

Quelle: LIQID, Bloomberg. Entwicklung des Goldpreises (LBMA Gold Price PM EUR) in Euro. Zeitraum: 05.08.2005–05.08.2025. Historische Wertentwicklungen sind kein Indikator für die zukünftige Wert­ent­wick­lung.

Doch warum wird eine Anlageklasse, die als Wertspeicher eingesetzt wird, plötzlich zum Renditemotor? Ganz einfach: Obwohl das Angebot an Gold gestiegen ist, konnten die zunehmenden Schürfmengen die enorme Nachfrage nicht ausreichend bedienen. Insbesondere Zentralbanken heizten die Nachfrage in den vergangenen Jahren stark an. Waren sie zwischen 2000 und 2008 noch Netto-Verkäufer von Gold, kauften Zentralbanken in den vergangenen drei Jahren jeweils mehr als 1.000 Tonnen Gold. Das allein entspricht ca. einem Viertel der globalen Nachfrage.

Warum kaufen die Zentralbanken Gold?

Dass Zentralbanken ihre Goldkäufe massiv ausgeweitet haben, ist eng mit den geopolitischen und ökonomischen Unsicherheiten unserer Zeit verknüpft. Insbesondere der Ukraine-Krieg seit 2022 sowie der Nahostkonflikt seit 2023, anhaltende Handelskonflikte zwischen Großmächten und instabile Energiepreise haben das Vertrauen in traditionelle Reservewährungen und Anleihemärkte geschwächt. Hinzu kam eine ausgeprägte Inflation nach der Pandemie, die weltweit die Kaufkraft von Papiergeld reduzierte und Zentralbanken zum Handeln zwang. 

Gold wirkt in diesem Umfeld als Fluchtwährung und Risikopuffer, der in Krisenphasen weder von Zahlungsunfähigkeit betroffen ist noch durch Sanktionen blockiert werden kann. Gerade aus Furcht vor weiteren Eskalationen und Währungsturbulenzen haben Notenbanken 2023 und 2024 Rekordmengen Gold in ihre Bilanzen aufgenommen, wie sich auch im starken Preisanstieg manifestiert.

Schwacher Dollar, starkes Gold?

Ein weiterer Auslöser für die Goldnachfrage der Zentralbanken war die relative Schwäche und Volatilität des US-Dollars in den vergangenen Monaten. Viele Staaten haben ihre Reservepolitik angepasst, um die Abhängigkeit vom Dollar-System zu reduzieren („De-Dollarisierung“). Dies betrifft vor allem Schwellenländer und autoritär regierte Staaten, die sich bei US-Dollar-Anlagen potenziellen politischen und wirtschaftlichen Sanktionen ausgesetzt sehen. Durch die Umschichtung in physisches Gold schützen sich diese Zentralbanken vor externen Risiken und stärken ihre finanzielle Souveränität. 

Die Marktdynamik zeigt: Gold hat als Krisenversicherung und geopolitische Absicherung zuletzt erheblich an Bedeutung gewonnen, die massive Nachfrage der Notenbanken ist ein zentraler Stabilitätsfaktor für den anhaltenden Höhenflug des Goldpreises.

Ist ein Ende des Goldrausches in Sicht?

Trotz der anhaltenden Stärke des Goldpreises gibt es auch einige wenige Faktoren, die den Aufwärtstrend an seine Grenzen bringen könnten. 

Ein Belastungsfaktor ist die rückläufige Schmucknachfrage in den beiden größten Konsummärkten, China und Indien. Gemeinsam stehen sie für rund die Hälfte der weltweiten privaten Goldnachfrage. Doch hohe Preise in Verbindung mit einem schwächelnden Wirtschaftswachstum schmälern dort die Kaufkraft der Verbraucher – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Goldnachfrage im Schmucksegment.

Wussten Sie schon: China und Indien kauften innerhalb der vergangenen zwei Jahre gemeinsam circa 191 Tonnen Gold. Also in etwa das Gewicht von 32 afrikanischen Elefanten.

Gleichzeitig könnte der geldpolitische Rückenwind, der Gold zuletzt stützte, allmählich nachlassen. Bei stabilen Zinsen verlieren Anlagen wie Gold tendenziell an Attraktivität.

Auch auf der Nachfrageseite der Zentralbanken könnte eine Abschwächung einsetzen. Zwar waren deren Käufe in den vergangenen Jahren ein wichtiger Preistreiber, insbesondere in Schwellenländern mit De-Dollarisierungsstrategien, doch eine Verlangsamung oder Pause bei weiteren Aufstockungen scheint möglich. 

Hinzu kommt: Eine Entspannung auf geopolitischer Ebene könnte den Status von Gold als sicherem Hafen infrage stellen. Sollten sich etwa die Spannungen im Ukraine-Krieg oder in globalen Handelskonflikten entschärfen, dürfte das Vertrauen in klassische Währungen und andere Anlageklassen zunehmen.

Bitcoin vs. Gold

Auch technologische und strukturelle Veränderungen am Kapitalmarkt setzen Gold zunehmend unter Druck. Allen voran der rasante Bedeutungsgewinn von Bitcoin als sogenanntem „digitalen Gold“. Die Zulassung von Spot-Bitcoin-ETFs, die steigende institutionelle Beteiligung und die bemerkenswerte Kursentwicklung haben dazu geführt, dass Bitcoin für viele Anleger, insbesondere jüngere, technologieaffine Investoren, eine ernstzunehmende Alternative zu physischem Gold geworden ist. Sollte sich die Entwicklung fortsetzen und die regulatorischen Rahmenbedingungen weiter gefestigt werden, könnten Kapitalströme dauerhaft aus dem Goldmarkt in den Kryptosektor abwandern.

Angesichts der erreichten Höchststände und potenzieller Gegenwinde sei mit Gewinnmitnahmen im weiteren Verlauf des Jahres 2025 zu rechnen.

Was bedeutet das für Anleger?

Für Anleger bedeutet der aktuelle Goldrausch vor allem eines: Die Rahmenbedingungen, die Gold in den vergangenen Jahren so stark gemacht haben, darunter geopolitische Konflikte, geldpolitische Unsicherheiten und ein rückläufiges Vertrauen in klassische Währungen, bestehen weiterhin fort, auch wenn kurzfristig neue Rekordstände erreicht wurden. Dennoch könnte die Rally in der aktuellen Form an Dynamik verlieren. Die Gelegenheit, mit Gold kurzfristig hohe Gewinne zu erzielen, könnte sich also zunehmend eintrüben.

Quelle: UBS Global Family Office Report 2025. ¹ Private Equity umfasst Buyout- und Venture-Capital-Fonds. ² Die Abkürzung HY/EM steht für Hochzins-und Schwellenländeranleihen.

Langfristig bleibt Gold als strategische Versicherung gegen Krisen und Inflation ein sinnvoller Baustein zur Diversifikation. Auch Smart-Money-Investoren wie Family Offices allokieren rund 2 Prozent ihrer Portfolios in Gold. Nach den starken Kursgewinnen im vergangenen Jahr und im ersten Halbjahr 2025 sind temporäre Rücksetzer oder eine Konsolidierung trotzdem möglich. Wer Gold im Portfolio hält, sollte seine Positionen regelmäßig überprüfen und insbesondere das politische sowie geldpolitische Umfeld im Blick behalten. Ein breit diversifiziertes Portfolio bleibt somit das Gebot der Stunde – mit Gold als Stabilitätsanker, aber nicht als alleinigem Renditetreiber.

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Das LIQID Redaktionsteam

Das LIQID Redaktionsteam besteht aus erfahrenen Anlageexperten, Redakteuren und Analysten, die komplexe Finanzthemen verständlich aufbereiten. Mit einem Fokus auf Vermögensaufbau, Anlagestrategien und Finanzlösungen aus den Private Markets liefert das Team fundierte Inhalte für anspruchsvolle Anleger.

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